So lautete die Titel-Schlagzeile des Tagesanzeigers vom 23. November 1963, aus welcher Ausgabe auch dieser Artikel ist.
Die Laufschrift auf dem Bild war an der Fassade des Gebäudes am Bahnhofplatz 14 installiert, dem damaligen Gebäude des Hotel Habis-Royal. Das Gebäude wurde 1990 abgerissen, die Fassade aber wieder detailgetreu nachgebaut.
(unten der Artikel abgeschrieben in Computerschrift)
Passanten starren auf die Leuchtschrift-Nachrichten am Bahnhofplatz. „Er starb kurz nach 20Uhr“, müsste der vollständige Satz lauten. Die nüchternen Worte brachten Gewißheit: Der amerikanische Präsident John F. Kennedy war tot; ein Attentat hatte seinem Leben ein jähes Ende gesetzt. Die unfaßliche Tatsache verbreitete sich sehr rasch in unserer Stadt und rief überall Bestürzung und Trauer hervor.
Auch die Zürcher trauern mit
mk. „Der amerikanische Präsident John F. Kennedy ist nicht mehr. – Ein großer Staatsmann ist tot.“ Während Stunden die metergroßen Leuchtlettern am Zürcher Bahnhofplatz gestern Kunde vom ruchlosen Attentat in Dallas; in fragmentarischer Kürze folgten die neusten Meldungen zum Anschlag. Schweigend, mit ernster Miene starrten Hunderte von Zürchern gebannt auf die Leuchtschrift. Nur selten wurde in Gruppen über das Ereignis diskutiert; nachdenklich, ungläubig den Kopf schüttelnd ging der einzelne seines Weges.
Das Bild wiederholte sich am Central und am Bellevue, auf den Straßen und Plätzen im Zentrum der Stadt – überall verschlossene, ernste Mienen. Die Stimmung glich derjenigen am Vorabend eines Krieges, die Stadt schien in Erwartung einer allgemeinen Mobilmachung. Die schweigende Trauer der Passanten auf Zürichs Straßen dokumentierte überzeugend das enorme Ansehen Präsident Kennedys, das Vertrauen, das der Westen in seine starke Persönlichkeit setzte. Auch für den Zürcher war er der Garant des Weltfriedens; schlagartig erinnerte man sich wieder an die feste Haltung, die dieser Präsident mit dem Jungengesicht verschiedentlich dem Osten gegenüber bewiesen hatte. Der Präsident, trotz seiner noch jungen Jahre ein sehr profilierter Politiker, war an der Limmat beinahe ebenso populär wie in den Vereinigten Staaten. Umso unfaßbarer schien es, dass man John F. Kennedy nach dem Leben trachten konnte. Ein Attentat, das man bei anderen Staatsoberhäupter nicht gebilligt, aber doch vielleicht eher verstanden hätte, schien hier ausgeschlossen, unwahrscheinlich und sinnlos. Unfassbar schien deshalb auch dem Zürcher die unumstößliche Tatsache der entsetzlichen Tat.
Bis gegen Mitternacht verfolgte auf dem Bahnhofplatz eine stattliche Menge die Mittteilungen der Leuchtschrift, eine Gruppe Passanten hatte sich um ein Kofferradio geschart, andere verfolgten die Meldungen in den Radios von Taxis. Auf den Perrons saßen ausreisende Italiener auf einem Gepäck und versuchten, das Extrablatt der NZZ zu übersetzen. Das Druckerzeugnis hatte einen reißenden Absatz gefunden, an Tramhaltestellen, in Restaurant, in parkenden Autos, auf Straßen und Plätzen wurden die spärlichen Meldungen verschlungen. Das gedruckte Wort schien die Bestätigung für die Hiobsbotschaft bringen zu müssen, die sich mit Windeseile in der Stadt verbreitet hatte.
Stille in den Restaurants
kad. Mit Windeseile verbreitete sich die Nachricht auch in den Restaurants. Tischgespräche, Jazz- und Schachspiel und das Spiel der Musikboxen wurden unterbrochen, als die Spätnachrichten eingeschaltet wurden, denen man in lautloser Stille lauschte. In einem Lokal brachen selbst die Heilarmeeleute, die eben zu ihrem üblichen Auftritt gekommen waren, ihre Gesangsdarbietungen zugunsten der Nachrichten ab. Oeffentliche Telephonkabinen waren während des Abends regelrecht belagert, weil Passanten den Telephonnachrichtendienst abhören wollten und einender den Hörer aus der Hand rißen. Wer konnte , rief schnellstens die nächsten Angehörigen, Freunde und Bekannte an, um ihnen das erschütternde Geschehen raschest mitzuteilen und meistens dann zu erfahren, daß diese es bereits wußten.